// PLATTE UND KANTINE



// PROF. RALF PETERSEN, PETERSENARCHITEKTEN, Gesellschaft für Architektur + urbane Strategien mbH, Berlin | Stuttgart
Das Areal der Berliner Spreestudios aus naturbelassener Landschaft, historischer Bausubstanz und inspirierenden Blickbeziehungen vermittelt eine ganz besondere Atmosphäre. Auf die Frage, wie der Bestand durch maßvolle Bebauung ergänzt werden kann, ohne dabei die bauliche Dichte zu erhöhen, lieferten PetersenArchitekten die Antwort mit einer behutsamen Aufstockung.
An der breitesten Stelle der Spree im Berliner Stadtteil Rummelsburg erinnern die denkmalgeschützten Bauten der damaligen Flussbadeanstalt Lichtenberg und zwei Gebäude der ehemaligen DDR-Zollverwaltung, auch bekannt als „Platte“ und „Kantine“, an die Vergangenheit. Bei der Umnutzung und Erweiterung der seit Anfang der 1990er Jahre leer stehenden Bauten sollten die Freiflächen der ehemaligen Liegewiesen auch in Zukunft großzügig erhalten bleiben – sie bestimmen seit mehr als hundert Jahren den Charakter des Ortes.
// ZURÜCK ZU DEN WURZELN
Umnutzung und Erweiterung hatten das Ziel, Raum für kreative Köpfe und variable Flächen für Ausstellungen, Veranstaltungen und Synergien zu schaffen. Das ortsansässige Büro PetersenArchitekten entschied sich daher für eine Aufstockung der Bausubstanz, die sowohl den Bestand achtsam und zeitgenössisch transformiert als auch das Gesamtensemble des Areals respektiert.
In den 1950er Jahren wurden das Verwaltungsgebäude und die dazugehörige Kantine als Plattenbauten aus raumhohen, plastischen Stahlbetonelementen errichtet. Um das Raumprogramm effektiv umzusetzen und flexibel zu gestalten, bereinigte das Architekturbüro die Grundrisse und plante sie zu OpenWorkspaces um. Im Inneren wurden das Tragwerk freigelegt und die Oberflächen lediglich farbig lasiert, sodass der rohe Charakter weitgehend erhalten blieb.
Eine wie zufällig wirkende Gestaltung der Aufstockungsetagen bricht die strenge Symmetrie des Bestands.
// DIE STRENGE DES BESTANDS
Markant und doch in ihrer Gesamtheit stimmig ist die Aufstockung in Verbindung mit der dreigeschossigen „Platte“, welche durch ein doppeltes Dachgeschoss ergänzt wurde. Ihr Haupttragwerk aus Stahl folgt der Tragkonstruktion des Bestands. Dabei wurden die Wände der Längsseiten als steil geneigte Dachflächen, die der Giebelseiten als leicht gekippte Fassaden ausgebildet, sodass zwei Vollgeschosse in der Form eines Mansarddaches entstehen. Eingedeckt mit flachen Betonziegeln und einer spielerisch anmutenden Anordnung der Dachfenster orientiert sich die Aufstockung in Materialität, Farbe und Struktur an der symmetrischen Bestandsfassade, kontrastiert jedoch die gestalterische Strenge des DDR-Zweckbaus mit modern-urbanem Industriecharme.
Die Architekt*innen entschieden sich, die eingeschossige „Kantine“ im rückwärtigen Bereich selbstbewusst um drei Geschosse zu erweitern, ohne jedoch das Hauptgebäude in den Hintergrund treten zu lassen. Als neue Fassade erinnern Porenbetonelemente in unterschiedlichen Größen noch an die plastisch geformten Fassadentafeln der Plattenbauten und nehmen in Textur und Farbe Bezug auf die benachbarte „Platte“. Beide Gebäude bilden trotz sehr verschiedener vertikaler Erweiterungen ein harmonisches Gesamtbild – mit einer verwunschenen Landschaft als verbindendem Element.
Die spielerische Anordnung der Dachfenster sorgt im Inneren für vielfältige Perspektiven auf den Außenraum.
Bildnachweise: PETERSENARCHITEKTEN (1); Jan Bitter (2-5)

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