// RESPEKTVOLL IM KONTEXT DER 80ER

// POOL LEBER ARCHITEKTEN, MÜNCHEN
Der angespannte Wohnungsmarkt stellt Planende immer häufiger vor die Aufgabe, mit einer Aufstockung und ohne zusätzliche Bodenflächenversiegelung mehr Wohnraum zu schaffen. Neben unterschiedlichsten Anforderungen an die neuen Gebäudeteile besteht zudem der Anspruch, den Bestand mitsamt seinem äußeren Erscheinungsbild achtsam zu behandeln. Wie das aussehen kann, demonstriert ein Mehrfamilienhaus aus den 80er Jahren in der bayerischen Hauptstadt.
Erweiterungs- und Umbauaufgaben bergen Hürden aller Art – konstruktiv, stilistisch und auch nachbarschaftlich. Beim Bauen im Bestand – insbesondere bei Aufstockungen – gilt es darüber hinaus, die architektonische DNA des Bestandsgebäudes weiterzuschreiben. In München zeigt das ortsansässige Büro Pool Leber Architekten, wie es gelingen kann, diese Herausforderungenmit der Realisierung von hochwertigem und anspruchsvollem Wohnraum zu vereinen.
Die Fassadenstruktur des Bestands wird in der Aufstockung zeitgenössisch übersetzt.
// CHARAKTER ERHALTEN UND WEITERENTWICKELN
Das Mehrfamilienhaus aus den 1980er Jahren hatte einen durchaus eigenwilligen Charakter. Die gebogenen auskragenden Balkone und das zurückspringende Staffelgeschoss boten zusammen mit einem großzügigen Erker in den unteren Etagen eine gestalterisch nicht ganz einfache Ausgangslage. Die Architekt*innen lösten diese Aufgabe, indem sie zwar die Kubatur des Gebäudes erhöhten, sich dabei jedoch am Wesen des Bestands und seiner Maßstäblichkeit orientierten.
Da das Gebäude nur wenig statische Reserven aufwies, war Holz als Baustoff früh gesetzt. Zusammen mit brandschutztechnisch notwendigen Giebelflächen in Betonbauweise konnte so ein tragfähiger Entwurf entwickelt werden. Die Straßenfront mit ihrer Stehfalzverkleidung an Fassade und Dach fügt sich unaufdringlich in die bestehende Blockbebauung ein. Zur Gartenseite hin wirkt der Neubau präsenter, nimmt mehr Raum ein und schwingt mit Erkern und Balkonen über die Fassadenebene hinaus, wodurch großzügige Außenflächen zu jeder neuen Wohneinheit entstehen. Insgesamt wirkt er hier viel expressiver und öffnet sich mit großen Fensterflächen Richtung Außenraum.
In der Gestaltung grenzen sich Alt und Neu auch durch das unterschiedliche Fassadenmaterial voneinander ab. Der Bestand ist nun weiterhin von hellem Putz bedeckt, der jetzt jedoch einheitlich in seiner Farbgebung ist. Die neuen Bauteile tragen eine hinterlüftete Fassade in mattem Edelstahl, die selbstbewusst Eigenständigkeit markiert, ohne sich vom Bestand zu distanzieren.
„Wir lassen uns von dem Vorgefundenen _ dem Ort, der Aufgabe und dem Bauherrn _ inspirieren und leiten, um zu charaktervollen Entwürfen zu gelangen, die den Ort stärken und dort fest verankert sind.“
Pool Leber Architekten
Ineinanderfließende, lichtdurchflutete Räume prägen die Atmosphäre im Dachraum.
// 350 M2 WOHNRAUM OHNE VERSIEGELUNG
Durch den Abbruch des ehemaligen Staffelgeschosses in Stahlbetonbauweise und den Neubau eines Steildachs in Holz konnte der Wohnraum um netto 350 m2 erweitert werden – ohne zusätzliche Versiegelung und mitten im dicht besiedelten Raum München.
Gleichzeitig entstanden durch die Änderung der Dachform völlig neue räumliche Möglichkeiten, denn das Innenraumkonzept der Aufstockung ist nicht weniger durchdacht als die äußere Gestaltung: Die Grundrisse sind so gewählt, dass drei bis fünf Wohneinheiten auf insgesamt 570 m2 in den zweieinhalb neuen Etagen Platz finden – je nach Bedarf. Die größte Wohnung könnte 377 m2 haben, die kleinste nur 39 m2. So ist für jede Lebensphase genug passender Wohnraum vorhanden, der Singles und Paare ebenso anspricht wie Familien mit Kindern. Das Konzept im Inneren setzt auf ineinanderfließende, offene Räume, weite Sichtachsen und die Verschmelzung von Innen- und Außenraum durch große Glasflächen. Im Zusammenspiel mit Sichtholzund Sichtbetonoberflächen prägen die geneigten Dachflächen den Raumeindruck und die Atmosphäre im Inneren.
Pool Leber Architekten entwickelten auf diese Weise flexiblen, zukunftsfähigen und nachhaltigen Wohnraum mit hoher räumlicher Aufenthaltsqualität – genau dort, wo er benötigt wird.
Bildnachweise: Filip Gorski (1); Brigida González (2-5)

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