// EINE NEUE BEZIEHUNG ZWISCHEN ARCHITEKTUR UND NATUR

// DUNCAN LEWIS, SCAPE ARCHITECTURE, BORDEAUX
In Bordeaux, auf einem alten Militär- und Bahnhofsareal am östlichen Ufer der Garonne, entsteht derzeit das ökologisch geprägte „Bastide Niel“. Der Masterplan aus dem Hause MVRDV sieht eine Mischnutzung vor: Schulen, Büros und Wohnkomplexe, dazwischen Grünflächen und kleinere Plätze. Mit dem Label „Eco-Quartier“ ausgezeichnet, ist es ein Musterbeispiel für ein technisch hochmodernes Stadtviertel, das für die Reduktion des Wasserund Energieverbrauchs sowie des Müll- und Verkehrsaufkommens steht.

Dieser Gedanke bleibt jedoch nicht auf der Ebene des Masterplans stehen, sondern dringt auch tief in die Entwürfe der einzelnen Gebäude ein. Auf besondere Weise macht der Architekt Duncan Lewis mit seinem Team von Scape Architecture den Entwurf resilient gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels im urbanen Raum. Am Rande eines wachsenden Quartiers gibt sein „Ekko“ bereits vielen Bewohner*innen ein neues Zuhause.

// VERTIKALER GARTEN, SCHWEBENDE BÄUME

Auf einer Gesamtwohnfläche von rund 8.500 m2 sind, auf fünf Etagen verteilt, insgesamt 49 Wohnungen mit bis zu fünf Zimmern untergebracht. Der Gebäudekomplex zieht sich mit seiner fast 90 Meter langen Fassade an der schmalen „Rue Hortense“ entlang und macht dem Straßennamen alle Ehre – leitet sich der französische Name „Hortense“ doch vom lateinischen „Hortus“, zu Deutsch „Garten“ ab. In Anlehnung an die Gärten der kleinen Reihenhäuser, die die Straße säumen, zieht sich ein Garten an der gesamten Fassade des Neubaus entlang – und zwar vertikal vom Straßenniveau bis zum First hinauf. Die dreidimensionale Grünfläche schirmt die Balkone und Wohnbereiche vor fremden Blicken ab und spendet durch die Verdunstung angenehme Kühle an heißen Sommertagen. Das unregelmäßig gestaltete Metallgeflecht ist ein gleichermaßen transparentes wie wandelbares Gestaltungselement, das sich mit dem Pflanzenwachstum und den Jahreszeiten ändert. Das Volumen des vertikalen Gartens ist großzügig bemessen: So kommt auf 15.000 m3 umbauten Raum über 6.600 m3 „Garten“-Volumen. Dieser große Freiraum löst ein weiteres Problem in sommerlich überhitzten Städten: Er vergrößert den Querschnitt der Frischluftschneise zur gegenüberliegenden Bebauung in der recht schmalen Seitenstraße.

Der vertikale Garten zur Straßenseite ahmt die Form eines Steildaches nach.
// (FARB-)TON GEGEN DIE SOMMERHITZE
Doch das ist nicht das einzige gestalterische Element, das der Hitze des französischen Sommers etwas entgegensetzt. Fassade und Dach des Wohnhauses sind harmonisch aufeinander abgestimmt in hellen Farbtönen gehalten. So verhindern sie das übermäßige Aufheizen des Baus. Da die Baumaterialien natürlich und möglichst einfach gehalten sein sollten, fiel die Wahl auf eine Keramikfassade und Tondachziegel. Die Keramikfassade ist in fünf verschiedenen matten und glänzenden Hellgrau-Nuancen gestaltet. Die Fassadenziegel wurden in einem vorher festgelegten Farbschema montiert. Die dreidimensional gestalteten Keramikelemente verändern so je nach Sonnenstand und Tageszeit das Gesamtbild der Fassade. Das Dach ist als „Cool Roof“ konzipiert, auch bei starker Sonneneinstrahlung bleibt die weiße Dachfläche aufgrund ihrer hohen Reflexionsfähigkeit und der Hinterlüftung auf einem niedrigen Temperaturniveau und gibt nicht übermäßig viel Wärme in das Gebäude ab.
Im Sommer wirkt die Bepflanzung kühlend, im Winter lässt sie Sonnenlicht in das Innere der Wohnungen.
Bildnachweise: Duncan Lewis

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