Schon auf den ersten Blick sticht das Gebäude im thüringischen Sömmerda aus dem gesichtslosen Einerlei am Rande deutscher Autobahnen hervor, dabei ist seine Erscheinung nicht übermäßig expressiv – im Gegenteil: Je nach Position wirkt es, als würde es sich geradezu in die Landschaft einbetten, womit auch schon ein Teil der Anforderungen umschrieben wäre. Der Entwurf beruht auf einem Wettbewerb, den die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Bau GmbH in Kooperation mit der IBA Thüringen als modellhaftes Verfahren zur Qualifizierung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen ausgelobt hatte. Neben einer Neuinterpretation ging es wesentlich darum, den namensgebenden Fürstenhügel inhaltlich-gestalterisch mit der A71 zu verknüpfen. Immerhin handelt es sich hierbei um eine in ihrer Größe nahezu einmalige frühbronzezeitliche Grabanlage.
Die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit, von quasi unbegrenzter Be- und bewusster Entschleunigung, kommt wesentlich in der sich verändernden Form des Dachs zum Ausdruck. Das entwickelt sich, ausgehend von der der Autobahn zugewandten Seite, nach und nach vom Flach- zum Satteldach. Aus dem archetypischen Rechteck der architektonischen Moderne wird die zeitlose fünfeckige Silhouette der Urhütte. In diesem Fall diente ein weiterer archäologischer Fund aus der Umgebung, ein ebenfalls aus der Bronzezeit stammendes Langhaus, als Inspiration. Eine einheitliche, vorpatinierte Aluminiumhaut, die im Fassadenbereich zusätzlich unregelmäßig gekantet wurde, umhüllt den gesamten Bau.
In Richtung Fürstenhügel endet das Gebäude giebelständig und gibt mit einer ganzflächigen Glasfassade den Blick in Richtung Grabmal frei, dessen Höhe auch das Maximum des Dachfirsts vorgegeben hat. Möglichkeiten des Austauschs beschränken sich allerdings nicht allein auf Sichtbeziehungen. Vielmehr verbindet ein „Zeitreiseweg“ genannter Lehrpfad Gebäude und Hügel. Ohnehin ist das ganze Ensemble offen gehalten und kann durch die Anbindung an einen nahe gelegenen Radweg auch unmotorisiert besucht werden. Dass das tatsächlich geschieht und auch die Bürger*innen Sömmerdas hier gerne einkehren, legen Besichtigungen der verantwortlichen Architekten nahe. Und das könnte man von einem Nicht-Ort – zumindest im Sinne Augés – nun wirklich nicht behaupten.