Für die Architekturschaffenden hatte das Bauen im Bestand früher den Ruf, keinen Freiraum für die eigene Idee zu lassen. Das hat sich mittlerweile dank großartiger Umbauprojekte grundlegend geändert. Problematisch bleibt aber immer noch das gesellschaftlich stark verankerte Denken, dass etwas „Neues“ grundsätzlich besser und wartungsfreier als etwas Altes sei. Dieses Denken betrifft viele Lebensbereiche und damit auch das Bauen. Oft wird vergessen, dass wir bis heute gern in ganz alten Häusern leben, deren Qualitäten sich jahrhundertelang halten. Trotzdem reißen wir zu viele von ihnen unnötig ab.
Wir sollten einerseits in der Gesellschaft noch viel umfassender umdenken, um die knappen Materialressourcen zu schonen und im Bausektor den dringend notwendigen Beitrag zu unseren Klimazielen leisten zu können. Hier sind auch die Hersteller in der Verantwortung, dem Umbauen durch ihre Kommunikation mehr Raum in der gesellschaftlichen Architekturrezeption zu geben. Ein Ansatz wäre beispielsweise, das Recycling oder die Wiederverwendung von eigenen Bauprodukten zu zeigen und Bauherren wie Planende darin zu beraten. Andererseits sollte immer, wenn neu gebaut wird, genau geprüft werden, ob nicht ein Bestandsgebäude für das Projekt genutzt werden kann.
Als Architekt*innen lernen wir, uns mit jeder neuen Bauaufgabe auch neuen Bedingungen zu stellen, das macht unseren Beruf so kreativ und vielfältig. Gerade im Umbau ist eine hohe Individualität der Planung möglich: jeder Bestand hat seine eigenen Bedingungen und Geschichten. Und vor allem hier finden wir sehr häufig Gebäude mit geneigten Dächern vor. Im Rahmen eines Umbaus stellt sich dann die Frage, ob und wie mit dem bestehenden Dach – sowohl der Konstruktion als auch der Form – umgegangen wird. Nicht immer bleibt es erhalten. Oft aber stellt hier das vorgefundene geneigte Dach einen wichtigen Teil der formalen Identität, der Geschichte des Gebäudes dar und wird deshalb gern mit in die Zukunft gedacht. Zudem beherbergen geneigte Dächer wundervolle Dachräume, die durch Lufträume, Galerien und offene Treppen mit Leben gefüllt werden können. Es sind deshalb häufig ganz besondere Orte, die eine andere Gestaltung als in den restlichen Geschossen zulassen.
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