// DARF EINE AUFSTOCKUNG DAS WESEN DES BESTANDS VERÄNDERN?

// SASCHA BAUER, STUDIO CROSS SCALE, STUTTGART
Sascha Bauer, Architekt BDA im eigenen Büro STUDIO CROSS SCALE, arbeitet disziplin- und maßstabsübergreifend in Forschung, Lehre und Praxis.
Das Wesen des Bestandes ist nicht allein identitätsprägend für seine direkte Nachbarschaft, sondern für ein weiter reichendes Umfeld. Zeitgenössische Bauprozesse, innovative technische Lösungen, die Bodenfrage in Innenstädten und der Umgang mit Bestandsbauten und -ressourcen scheinen das Bauen jedoch stark zu verändern. Zunehmend sehen wir in dichten Gebieten kontrastierende Lösungsansätze sowie rekonstruierte Baukörper in nie dagewesener Erscheinung.
Gleichzeitig rückt die Aufstockung als spezieller Fall des Bauens im Bestand zunehmend in den Fokus, wenn es um die Nachverdichtung eben jener Stadtviertel geht. Dabei entsteht eine – meist auch sichtbare – Fusion verschiedener Bauzeiten innerhalb eines Gebäudes. Planende und Ausführende arbeiten zwangsläufig und gemeinsam an der Schnittstelle zwischen handwerklichen und fragmentierten Bauprozessen – in Abwägung vorhandener baurechtlicher, statischer, technischer sowie gestalterischer Beschränkungen. Der kooperative Planungsprozess durchläuft meist mehrfach den Zyklus von Planung, Abstraktion, Qualitätskontrolle und ReKonkretisierung. Denn der Wesenskern von Bestandsbauten liegt ja nicht allein in der äußeren Erscheinung. Je nach Bauzeit ist ein wesentlicher Aspekt die jeweilige handwerkliche oder teilindustrielle Fertigung von Materialien, Bauteilen und deren Fügungen. Das Arbeitsfeld der Aufstockungen beruht deshalb idealerweise auf einer Kombination aus explizitem und implizitem Wissen über unterschiedliche Fertigungsweisen – und schließt dann die direkte Interaktion mit dem zu bearbeitenden Bestand ein.
Bauen im Bestand, im konkreten Fall die Aufstockung, ist demnach ein kooperativer Aushandlungsprozess zwischen Arbeitsweisen, gesellschaftlicher Normung und innovativen Ansätzen. Gerade deshalb können Aufstockungen eine zeitgemäße bautechnische und vor allem baukulturelle Antwort auf die Bodenfrage lebenswerter Innenstädte bilden und zeigen, wie Nachverdichtung möglich ist.
Der Gewinnerentwurf des Dachwelten-Wettbewerbs 2023: Hannes Rott, Florian Breidenbach, Johannes Liebe, Stephan Kutter Betreuung: Prof. Dorothea Voitländer, Prof. Stefan Niese
// DACHWELTEN 2023
Auch in diesem Jahr lud der Dachwelten Hochschulwettbewerb Architekturstudierende aus ganz Deutschland ein, ihre Kreativität beim Finale am 13. und 14. September herauszufordern. 24 Stunden hatten die Teilnehmer*innen Zeit, um mit ihrem Entwurf das Pentagon der Neckarspinnerei in Wendlingen durch eine Aufstockung zu erweitern. Das Gewinnerteam des Wettbewerbs – Florian Breidenbach, Hannes Rott, Johannes Liebe und Stephan Kutter von der Technischen Hochschule WürzburgSchweinfurt – präsentierte „Fünf im Quadrat“: „Der mutige Entwurf besticht mit einem erstaunlich geglückten Geometriespiel, indem er das städtebaulich amorph wirkende Fünfeck zum Quadrat weiterentwickelt. Die Modularisierung der geneigten Dächer innerhalb des Quadratrasters ermöglicht währenddessen sowohl Pult-, Sattel-, als auch Grabendächer zur vielfältigen Nutzung dieser Aufstockung“, lautete das Urteil der Jury.
Bildnachweise: STUDIO CROSS SCALE (1); Hannes Rott, Florian Breidenbach, Johannes Liebe, Stephan Kutter (2)

// Artikel Teilen

// Das könnte sie auch interessieren