// VON DÜNEN, WIND UND GEZEITEN



// DELUGAN MEISSL ASSOCIATED ARCHITECTS, WIEN
Delugan Meissl Associated Architects (DMAA) sind vor allem für ihre internationalen Großprojekte bekannt, die von skulpturalen Wohngebäuden bis zu Kulturbauten wie Opernhaus und Museum reichen. Mit seinem Entwurf für ein neues Wohnquartier auf Borkum-Reede liefert das 40-köpfige Team mit Sitz in Wien nun einen wichtigen Baustein zur städtebaulichen Entwicklung einer ganzen Insel.

Zukunfstfähigkeit einer nachaltigen Stadtentwicklung auf der Insel Borkum

Viel diskutiert ist die Frage, wie eine zukunftsfähige nachhaltige Stadtentwicklung aussehen sollte. Reicht es, die Nachhaltigkeit anhand einzelner Gebäude zu betrachten, oder muss in größeren Maßstäben gedacht werden? Die ostfriesische Insel Borkum agiert bereits in größeren Dimensionen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, als Teil des Weltnaturerbes Wattenmeer ab dem Jahr 2030 emissionsfrei zu sein. Klimawandel ist hier durch die geografisch exponierte Lage in der Nordsee längst kein abstrakter Begriff mehr, sondern unter anderem durch Extremwetter erfahrbar. Das Borkum-Konzept mit seinem ganzheitlichen Ansatz könnte Vorbild werden.
Die Wohnhäuser auf der ostfriesischen Insel Borkum entwickeln sich scheinbar schwebend aus der angrenzenden Dünenlandschaft.
„Wir vereinen hier komfortables und energetisch zukunftsweisendes Wohnen, verbunden mit dem einfachen Weg zum Arbeitsplatz auf hoher See.“
Roman Delugan, Mitbegründer von DMAA über das Offshore-Quartier
// NEUES LEBEN FÜR DEN HAFEN VON BORKUM
Die Borkumer Reede, einst Marinehafen, war bislang ein Ort mit wenig Aufenthaltsqualität. Hier kommen die Fähren vom Festland an, und die Offshore-Arbeiter brechen zu den Windparks mitten in der Nordsee auf. Ihre Unterkünfte in Borkum-Stadt, auf Hotelschiffen oder dem Festland erforderten entweder lange Anfahrtswege oder boten wenig Privatsphäre in Ruhe- und Schlechtwetterphasen. Da lag es nahe, auf dem Hafengelände ein lebenswertes Offshore-Service-Quartier für die Angestellten der Windparks zu schaffen. DMAA entwickelte dieses im Rahmen des städtebaulichen Inselkonzepts für die Borkum Hafen Immobilien GmbH. Im Fokus standen dabei nicht nur ökologische, sondern auch soziokulturelle Kriterien wie Wohn- und Lebensqualität.
// KOMFORTABLES WOHNEN AUF ZEIT AUF BORKUM

Dementsprechend sollte ein Umfeld entstehen, in dem sich die Bewohner*innen wohlfühlen, auch wenn sie nur für begrenzte Zeit dort wohnen. Das Ergebnis ist ein Ensemble aus vier ein- bis zweigeschossigen Baukörpern mit Satteldach. Insgesamt entstanden 115 Serviced Apartments mit ca. 30 m2. Der Komplex offeriert den Offshore-Servicekräften neben komfortablem Wohnraum auch Freizeitangebote wie Fitnessraum, Kiosk und Gemeinschaftsräume. Auch die kurzen Fußwege vom Wohnquartier zum Anleger der Transportschiffe tragen zur Zufriedenheit der Windkraft-Beschäftigten bei.

Gestalterisch passt sich das Ensemble mit dunkler Klinkerfassade und Satteldach der ortstypischen Inselbebauung an, gibt dem Areal aber gleichzeitig eine neue Identität. Das wohl auffälligste Merkmal sind die filigranen Holzlamellen, die vertikal in variierenden Abständen entlang der Längsseite der Wohngebäude positioniert sind. Dahinter verbergen sich kleine, den Apartments zugehörige Loggien. Beim Außenraum griff das Wiener Architekturbüro gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten Horeis & Blatt Bremen die Gestalt der angrenzenden Dünen auf. Zum Wasser hin wurde das Gelände behutsam aufgeschüttet, um die Bebauung gegen Sturmfluten zu sichern.

Trotz kleiner Wohnfläche bieten die lichtdurchfluteten Apartments einen hohen Komfort.
// AUTARKE VERSORGUNG
Die Energieversorgung des Quartiers erfolgt gemäß dem Konzept „Emissionsloses Borkum 2030“ über großflächige Photovoltaik- Anlagen auf den geneigten Dachflächen. Die PV-Anlagen sind an einen Batteriespeicher mit einer Speicherkapazität von 134 kWh gekoppelt, der in einem separaten Batteriegebäude untergebracht ist und die netzunabhängige Eigenversorgung vor allem bei Schlechtwetterphasen sichert. Beheizt werden die Gebäude über Wasser-Wasser-Wärmepumpen. Das Projekt entspricht damit insgesamt dem energetischen Standard KfW 40+.
// IMPULS FÜR DIE STADTENTWICKLUNG AUF BORKUM
DMAA hat mit dem 2020 fertiggestellten Offshore-Quartier einen wichtigen Impuls auf dem Borkumer Hafengelände gesetzt, der für die nachhaltige Inselentwicklung zukunftsweisend ist. Dieses Quartier ist viel mehr als die Summe seiner energieeffizienten und CO2-armen Gebäude. Durch seine soziokulturelle Dimension bietet es Lebensraum mit hoher Aufenthaltsqualität, der das Umfeld langfristig positiv prägt.
Bildnachweise: Paul Kranzler (1); Piet Niemann

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